Besuch der Finca La Granja
Jedes Jahr fahren Tausende Urlauber durch den Ort Esporles, um eines der bekanntesten Freilichtmuseen der Insel zu besuchen „La Granja“. Das Landgut mit dem historischen Herrenhaus liegt in einem grünen Tal der Serra de Tramuntana. Das auf arabischen Ursprung zurückgehende Landgut ist seit den 1970-er Jahren ein beliebtes Volkskundemuseum. Bereits zweimal haben wir jeweils spätnachmittags vor diesem Anwesen gestanden, doch war uns die Zeit für eine ausgiebige Besichtigung jedesmal zu kurz. Darum haben wir uns entschlossen, diesen Tag erst einmal ganz dem La Granja zu widmen.
Mit eindrucksvollen Gärten und dem Herrenhaus präsentiert das Volkskundemuseum das frühere Ordensleben der Zisterzienser, aber auch den Lebensstil der Gutsherren der früheren Jahrhunderte. Das Gut mit seinem interessanten Herrenhaus verdankt seine Entstehung einem zehn Meter oberhalb des Hauses sprudelnden Wasserfall, der das darunter liegende Tal zu einer fruchtbaren Landschaft macht. Dieser ungewöhnliche Wasserreichtum wird nicht nur von der üppigen Vegetation unter Beweis gestellt, sondern auch durch eine selbst im heißen Sommer nicht versiegenden, starken Quelle, die sich mit einer etwa zehn Meter hohen Fontäne im parkähnlichen Garten präsentiert. Nachdem wir den Eintrittspreis von 15,00 Euro/Person entrichtet hatten, ging es mit dem ausliegenden Informationsblatt auf Entdeckungsreise, um die Außen- und Innenbereiche zu erkunden. Vorbei an Tiergehegen führt nach der Kasse ein Rundgang zuerst in den Außenbereich. Da sämtliche Sehenswürdigkeiten nummeriert waren und wir die Erklärungen auf unserem Handzettel nachlesen konnten, vermissten wir keine Führung.
Aufgrund der wenigen Besucher an diesem Morgen lassen wir uns Zeit bei der selbstgeführten Tour.
Unseren ersten Besichtigungsstop legen wir am Waschhaus ein. Hier flattert die Wäsche bereits auf der Leine.
Solche Waschhäuser, für die Anwohner eines Hauses oder Straße, gab es bei uns noch bis Anfang der 50er-Jahre. Es war eine körperlich sehr anstrengende Arbeit, die man sich aufgrund neumoderner Waschmaschinen und Trockner kaum noch vorstellen kann.
Vorbei an verschiedenen Remisen, die zur Aufbewahrung für Fahrzeuge und Geräte errichtet wurden, gehen wir über zahlreiche Stufen, die mit kleinen Springbrunnen geschmückt sind, hinauf zum Badehaus. Wir werfen einen Blick in das damals sicherlich komfortable, heute nur noch romantische Badehaus.
Realistischer ist da schon der Blick in die Färberei. Früher wurde nur mit Farben gefärbt, die es draußen in der Natur gab. Denn Farben aus Naturmaterial selber herstellen ist eine uralte Technik. Um Pflanzenfarben selber herzustellen, eignen sich Blätter, Beeren, alle möglichen Früchte, Erde oder aber auch Gewürze. Wollfäden in den unterschiedlichsten Farben konnten besichtigt werden.
Über einen romantischen Weg geht es in einen kleinen Innenhof an der Bergseite. Dieser Felsengarten ist mit einem Springbrunnen besonders schön gestaltet.
Erster Besitzer des rund 3000 Quadratmeter umfassenden Landgutes war der Graf Nuno Sans. Danach gehörte das Gut La Granja etwa 200 Jahre dem Zisterzienserorden.
Später wurde es an Familie Fortuny übergeben, die es bereits Anfang des 18. Jahrhunderts umfangreich restaurieren ließ.
Aus dieser Zeit stammt auch das schlossartige barocke Herrenhaus, das damals als Wohnhaus des landwirtschaftlichen Betriebes genutzt wurde.
Heute ist das Gelände im Privatbesitz von Cristofol Segui Colom, der es zu einem Museum umgestaltete und lebendige Geschichte präsentiert.
Von Felsengarten geht es durch eine Terrassentür in das mallorquinische Herrenhaus und zwar in den 1. Stock, wo die herrschaftliche Familie wohnte. Zu den repräsentativen Räumen zählen mehrere, reich mit mallorquinischen und französischen Möbeln ausstaffierte Salons.
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Besonders sehenswert ist das florentinische Wohnzimmer mit Möbeln im Stil Louis XV, sowie das Schlafzimmer im Barockstil und ein Schlafzimmer mit Privatbibliothek im Renaissance Stil.
Bei den Kinder- und Spielzimmern standen die Türen offen. Die Auswahl an Spielzeug war riesig. Hier stand alles, was damals und sicherlich auch heute noch, die Kinderherzen höher schlagen lässt.
Da auf diesem großen Gutshof früher mehr als 100 Arbeiter angestellt waren, standen auch die alte Gesindeküche und ein Speisesaal zur Besichtigung. Alle Räume waren ansprechend dekoriert und dokumentierten, welchen Wohlstand man mit dem Anbau von Nahrungsmittel erwirtschaften konnte.
Der gekennzeichnete Rundweg führte uns nun ins Erdgeschoss. Hier befinden sich der Kelter- und Weinkeller und eine Destillieranlage für Kräuter und Liköre, aber auch viele interessante Werkstätten. Da das Gut wirtschaftlich unabhängig war, wurden nicht nur sämtliche Lebensmittel selbst hergestellt, auch alle Handwerksarbeiten, die rund um einen sich selbstversorgenden Hofbetrieb anfallen, wurden hier durchgeführt.
So besichtigten wir eine Spenglerei, eine Zimmerei, eine Schmiede sowie eine Ölmühle. Auch eine Wasserturbine und die Lichtmaschine dürfen bei solch einem großen Landgut nicht fehlen. Die Werkstätten für die Herstellung von Leder, Schuhen und Kleider stellen mit ihren alten Original-Gerätschaften einen interessantesten Teil des Gutes dar. Wunderschöne traditionelle handgewebte Unikate sind hier ausgestellt sowie handgewebte schwere Leinenstoffe, die für Bettwäsche oder Vorhänge ideal sind.
Über eine Terrasse verlassen wir das Gebäude und gehen vorbei an eine Wassermühle und gelangen danach in den Keller des Hauses. Da den adeligen Gutsherren früher auch die Rechtssprechung über die leibeigenen Arbeiter des Gutes zustand, liegen die dafür erforderlichen Räume in diesem Bereich.
Hier befinden sich die Wachstube, der Gerichtssaal sowie ein Kerker. Gruseliger wird es in der angeschlossenen Folterkammer mit Folterwerkzeugen und menschlichen Skeletten, die an die düsteren Zeiten des Landgutes erinnern. Bei der Vorstellung, auf welche Weise man damals die Befragungen durchführte, bekommt man schon Gänsehaut.
Zurück ans Tageslicht stehen wir in einem Innenhof mit einem Springbrunnen aus dem 15.Jahrhundert. Hier befindet sich auch eine kleine Privatkapelle, die von den Zisterziensermönchen errichtet wurde, die den Gutshof einige Jahrhunderte bewirtschafteten.
Nach diesem Rundgang legen wir im Terrassencafé vor dem Haupteingang des Landguts eine Mittagspause ein. Von hier oben hat man einen schönen Blick in einen Teil des Gartens mit seiner 10 Meter hohen Fontäne. Nachdem wir vor unserer Mittagspause bereits über 50 Gebäudeteile und Wirtschaftsanlagen ausgiebig besichtigt haben, setzen wir gut gestärkt unseren Rundgang in der großzügigen Parkanlage fort. Während die Innenräume den Lebensstil vergangener Epochen zeigen, bietet der Außenbereich einen Spaziergang durch die üppigen Gärten.
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Inmitten grüner Natur rauscht idyllisch gelegen ein natürlicher Wasserfall stufenweise den Berg hinunter, der den typischen Wald der Serra de Tramuntana durchfließt. Auf der Brücke stehend verweilen wir einige Minuten und lassen das filmreife Panorama auf uns wirken. Das leise Plätschern und das Zwitschern der Vögel hat so was ungeheuer Beruhigendes. Wir setzen unseren Spaziergang durch den urwüchsigen Teil des Gartens fort, umgeben von einem imposanten Bestand an uralten Bäumen und bummeln zwischen vielen kleinen Wasserstellen, Quellen und Wasserrädern, überqueren eine alte Steinbrücke und der Meiler eines Köhlers erinnert an längst vergangene Zeiten.
Ein alter Torbogen, mit Blauregen bewachsen, lässt uns in den Botanischen Garten eintreten. Gleich hinter der Mauer steht eine tausendjährige Eibe.
Abwechslung fürs Auge bieten facettenreiche Pflanzungen von Blumen und Grünpflanzen, die gut kombiniert im Beet stehen sowie bewusst eingesetzte Springbrunnen.
Sie zeigen immer wieder, dass La Granja in einer einmaligen Gegend liegt, die besonders wasserreich ist. Eine Reihe bequemer Liegen laden in diesem Teil des Gartens zum Entspannen ein.
Man sollte also schon ein wenig Zeit mitbringen, um die Atmosphäre des Landguts richtig zu genießen. Neben dem parkähnlichen, mediterranen Garten tummeln sich in mehreren Außenbereichen eine Vielzahl an Bauernhoftieren, wie Schafe und schwarze Schweine und im großen Freigehege klettern Bergziegen umher und bieten auch den Kleinen wunderbare Abwechslungen.
Unsere Tour geht mit einer Kostprobe von diversen Weinen zu Ende. Aus kleinen Holzfässern, die im weitläufigen Patio stehen, darf man sich kostenlos bedienen und in einem Liegestuhl im Schatten der Bäume von der Entdeckertour erholen.
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Zwischen den Liegen stehen moderne Skulpturen und Kunstwerke, die den Innenhof und das Weinpicknick im Sonnenschein zu einem besonderen Erlebnis machen. Noch immer reift auf den Feldern von La Granja eine Vielzahl von regionalen Früchten, - vor allem etliche Obst- und Gemüsesorten - die zu landestypischen Produkten weiterverarbeitet werden. Im Souvenirshop können die auf dem Landgut hergestellten Produkte wie Honig, Feigen/Mandeln, Käse, Brot und Wurst sowie Marmeladen probiert und gekauft werden. Wer dann immer noch Appetit hat, sollte unbedingt die in heißem Fett frittierten, sehr schmackhaften Bunyols, ein Schmalzgebäck aus Kartoffeln kosten, die man dann noch mit Marmeladen oder anderen süßen Soßen verfeinern kann. Es ist eine typisch mallorquinische Köstlichkeit.
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Am Ende dieser Besichtigung sind wir uns einig: Dieses alte Mallorquinische Landsitz „La Granja“ ist eine kleine Oase, landschaftlich traumhaft gelegen, mitten in der Serra Tramuntana. Ein Besuch dieses Museums hat sich auf jeden Fall gelohnt, da wir das großzügig angelegte Anwesen mit nur einer Handvoll anderer Besucher in Ruhe genießen konnten. Es war ein interessanter und entspannender Tag, an dem wir die Geschichte Mallorcas erlebten.
Rezept der „la Granja Krapfen 500 gr. Mehl 500 gr. gekochte/ zerstampfte Kartoffeln 32 gr. Backpulver 40 CL Wasser Alle Zutaten verkneten und in heißem Olivenöl ausbacken (frittieren)
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